Römischer Steinbruch in Glanum (F). Foto: P. Völkle ©

Historische Steinbrüche

Die Gewinnung von Naturstein zählt seit Jahrtausenden zu den großen Herausforderungen bei der Errichtung von Steinbauten. Bereits im alten Ägypten finden sich zahlreiche Steinbrüche, in denen die unterschiedlichsten Materialien abgebaut wurden. Auch aus der griechischen und römischen Antike gibt es viele Beispiele. So etwa der Kalksteinbruch im griechischen Kleonai (ca. 300 v. Chr.) oder der Sandsteinbruch "Kriemhildenstuhl" (ca. 200 n. Chr.) in Bad Dürkheim aus römischer Zeit (siehe unten).

Mittelalterliche Steinbrüche sind eher selten. Dies liegt daran, dass die Steinbrüche meist kontinuierlich weiter betrieben wurden und dadurch viele Abbauspuren verloren gingen. 

Die Abbaumethoden

Materialien mit vielen natürlichen Spalten und Klüften in den Felsstrukturen wurden mittels Eisenkeilen und/oder Brechstangen abgebaut. In der Regel handelt es sich dabei um hartes Material, wie etwa Granit, Gneis oder auch harte Kalksteine. Die abgebauten Blockgrößen waren dabei oft limitiert, da sie von den natürlichen Strukturen abhängig waren. Diese Materialien wurden häufig für Bruchsteinmauern verwendet, etwa für den Bau von Wehranlagen oder einfachen Steinhäusern. Die Abbauspuren sind in den Steinbrüchen meist verschwunden oder nur schwer ablesbar. Manchmal finden sich jedoch noch Spuren der Eisenkeile, die sogenannten Keiltaschen.  Eines dieser seltenen Beispiele findet sich am Fuße der Burg Kaysersberg (Elsass) aus dem 13. Jahrhundert:

Burg Kaysersberg: Steinbruch  unterhalb des Bergfrieds mit natürlichen Spalten und Klüften. Foto: P. Völkle

Keiltaschen mit Rissbildung, ein Hinweis, dass der Abbauprozess hier unterbrochen wurde. Foto: P. Völkle

Bei Sandsteinen  und weicheren Kalksteinen  kam ein Verfahren zum Einsatz, bei dem die Blöcke durch sogenannte Schrotgräben an drei Seiten freigelegt und anschließend vom Untergrund abgekeilt wurden. Diese Schrotgräben wurden mit langstieligen Zweispitzen, den sogenannten Schrotpickeln, ausgearbeitet und sind durch ihre typischen bogenförmigen Rillen noch heute an zahlreichen historischen Steinbruchwänden sichtbar. Eine detaillierte Beschreibung  dazu findet sich auch in meinem Buch, S. 40-45. Da sich die Abbautechnik von der Antike bis ins 19. oder sogar frühe 20. Jahrhundert  kaum änderte, sind die Abbauspuren nicht immer zweifelsfrei einer bestimmten Zeit zuzuordnen. Außerdem wurden Steinbrüche meist über eine lange Zeit ausgebeutet, oft sind ganz unterschiedliche Abbauspuren sichtbar,  bis hin zu modernen Abbauverfahren.

 

Blick auf eine Abbauwand im Steinbruch Krauchthal (CH), 19. oder frühes 20. Jahrhundert. Foto: P. Völkle ©

Details der Abbauspuren: Bogenförmige Rillen des Schrotpickels. Foto: P. Völkle ©

Steinbruchwerkzeug

Steinbruchwerkzeuge (19. und 20. Jhd.). Abbildung aus: Peter Völkle, Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter, S. 46.


Filmische Dokumentationen

Mit dem Aufkommen moderner Abbautechniken im 19. und frühen 20. Jahrhundert verschwanden die jahrtausendealten Methoden nahezu vollständig. Anhand einiger Filmdokumente lässt sich das Verfahren aber auch heute noch sehr gut nachvollziehen.

Ein sehenswerter Film aus dem Jahr 1971 zeigt die damals noch authentische Gewinnung und Weiterverarbeitung von Sandstein in Neidenbach (Rheinland-Pfalz). Anhand eines 3 Meter großen Schleifsteins werden alle wichtigen Arbeitstechniken gezeigt: Von der Ausarbeitung der Schrotgräben über das Abkeilen und Umdrehen des massiven Werkstücks bis hin zur Fertigstellung und den Abtransport. 

 Auch der Film des Filmemachers Eugenio Monesma von 1998 zeigt eindrücklich, wie der Abbau und die Weiterbearbeitung von Piedra de Marés in früherer Zeit auf Menorca durchgeführt wurde. Dabei wird neben der Abbautechnik mit dem Schrotpickel auch das Abkeilen mit Eisenkeilen sowie die Weiterbearbeitung der Blöcke mit der Fläche gezeigt. Anders als bei dem Filmdokument von Neidenbach scheint den Handwerkern hier jedoch die Routine zu fehlen, vermutlich wurden die Arbeitsschritte für die Filmaufnahmen nachgestellt.

 


Antike Steinbrüche

Kleonai: Ein  antiker griechischer Steinbruch von 500-300  v. Chr.

Dieser hervorragend erhaltene Steinbruch (Abbaufläche ca. 100 x 40 m) liegt direkt an einem Rastplatz an der Autobahn von Kalamata Richtung Korinth. Leider wird der Zugang durch einen hohen Zaun abgetrennt, sodass ein Besuch der Anlage offiziell nicht möglich ist (Stand 2019). 

Der hier abgebaute Kalkstein wurde wohl für den Bau der in unmittelbarer Nähe liegenden antiken Stätte Kleonai und Nemea verwendet. Der terrassenförmige Abbau zeigt noch heute alle Stadien des Abbaus. So etwa Schrotrillen an den senkrechten Wänden, gut erhaltene Schrotgräben und abgebaute, aber nicht abtransportierte Blöcke. Über das Aussehen der eingesetzten Steinbruchwerkzeuge ist nichts näheres bekannt. Allerdings zeigen die Schrotrillen  ein recht unruhiges Bild, die Abbauspuren sind nicht oder nur leicht bogenförmig. Dies spricht eher gegen den Einsatz eines langstieligen Schrotpickels. Die Schneidebreite des eingesetzten Werkzeugs beträgt etwa 15 mm, dies lässt sich an mehreren Stellen deutlich ablesen (siehe auch Bilder unten).

Gesamtaufnahme des Steinbruchs von Süd. Foto: P. Völkle ©

Der Steinbruch liegt direkt an der A7/E65 von Kalamata Richtung Korinth an einem Parkplatz. 

Blick vom Steinbruch auf den Parkplatz. Foto: P. Völkle ©

Der Römersteinbruch Kriemhildenstuhl (um 200 n. Chr.)

Aus der römischen Antike haben sich zahlreiche Steinbrüche erhalten. Im deutschsprachigen Raum muss dabei an erster Stelle der Römersteinbruch "Kriemhildenstuhl" in Bad Dürkheim/Rheinland-Pfalz genannt werden.  Dort wurde um 200 n. Chr. durch die in Mainz stationierte 22. Legion in großem Umfang ein heller Buntsandstein abgebaut. Zahlreiche Inschriften und Werkzeugfunde geben dabei Einblicke in den Alltag der Steinbrucharbeiter. 

Im unteren Bereich des Steinbruchs sind die treppenförmigen Abbaubereiche des damals in Arbeit befindlichen Steinbruchareals zu sehen. Im hinteren bzw. oberen Bereich hingegen die hohen, fast senkrechten Abbauwände des ausgebeuteten Steinbruchs. Bereits während des Abbaus wurde der Steinbruch mit Abbaumaterial bzw. Steinschutt verfüllt und war deshalb über Jahrhunderte  gut geschützt. Die Freilegung erfolgte ab 1884 und dauerte bis in die 1930er Jahre. Dies erklärt den hervorragenden Erhaltungszustand.

Die Gesamtmenge des gewonnenen Steinmaterials betrug etwa 10 000 m³ an Quadern bei ca. 20 000 m³ insgesamt bewegtem Steinmaterial. Damit handelt es sich eher um einen bescheidenen Steinbruch, die gewonnene Menge reichte wohl nur zur Errichtung eines größeren Gebäudes in der Provinzhauptstadt Mogontiacum (Mainz). Die noch gut erhaltenen Abbauspuren und aufgelassenen Blöcke zeigen, dass überwiegend Blöcke von 1,20-3,00 m Länge, 0,60-1,40 m Breite und ca. 0,60-0,70 m Höhe gewonnen wurden [1]

Neben dem Steinbruch ist der Besuch des Stadtmuseums Bad Dürkheims lohnenswert. Dort werden neben einem Geländemodell des Steinbruchs auch die römischen Werkzeugfunde ausgestellt.

[1] Nach einer Informationstafel im Steinbruchareal vom Landesamt für Denkmalpflege, Archäologische Denkmalpflege, Amt Speyer.

 

Steinbruch Kriemhildenstuhl

Der Steinbruch Kriemhildenstuhl. P. Völkle ©

Das Geländemodell des Steinbruchs im Stadtmuseum Bad Dürkheim. P. Völkle

Rekonstruktion römischer Abbautechnik

Eine sehenswerte filmische Dokumentation bzw. Rekonstruktion der römischen Abbautechnik und Steinbearbeitung von 1993 findet sich auf einer Webseite der Stadt Nîmes zum Amphitheater aus dem 1.  Jahrhundert n. Chr. Jean-Claude Bessac, einer der renommiertesten Experten auf dem Gebiet der historischen Steinbearbeitung, zeigt darin das Anlegen der Schrotgräben mit verschiedenen Werkzeugen (Schrotpickel und Zweispitz) und das Abkeilen eines Steinblocks mittels Eisenkeilen. Dabei wird auch deutlich, wie anstrengend und mühsam diese Arbeiten sind. 

Eine etwas ausführlichere Version mit zusätzlichen Informationen über weitere südfranzösische Steinbrüche findet sich hier

 

Standbild aus dem Film über den Steinabbau. Ancient methods for quarrying stone, by Jean-Claude Bessac and Valérie Bretos © CNRS Images